Yoga, Meditation und Religion
von Swami Veda Bharati
Quelle: Vortragsserie 'Superconscious Meditation'
Ist Yoga eine Religion?
Nein. Angehörige jeder Religion wie auch nichtreligiöse Menschen können Yoga praktizieren. Wenn man in die Sauna geht, um etwas für seinen Körper zu tun - ist das eine Religion? Oder wenn man lernt, sich auf die Ausübung einer bestimmten Kunstfertigkeit zu konzentrieren - ist das eine Religion?
Yoga kann, ja wird dich spirituell weiterbringen. Yoga kann deine Spiritualität im Rahmen einer bestimmten Religion oder außerhalb des Rahmens eines bestimmten Glaubenssystems stärken. Hier zu uns kommen Buddhisten, Atheisten wie auch katholische Priester und Nonnen. Alle von ihnen besuchen Kurse in Yoga-Meditation aus ihren eigenen Gründen. Beispielsweise wollen katholische Priester durch Meditation ihre Gebetserfahrung vertiefen, denn ihnen fehlt die Kenntnis, wie man den Geist zur Ruhe bringen kann.
Im Yoga ist vor allem eines wichtig:
alles selbst zu erforschen und in seiner eigenen Erfahrung zu überprüfen.
Wir lehren die Praxis also Menschen verschiedenster Religionen. Fühlst du dich einem bestimmten Glauben zugehörig, wirst du hier Unterstützung im Bestärken deines Glaubens erhalten.
Die Frage eines Glaubenssystems ist für viele Menschen sehr wichtig. Doch für uns im Yoga steht vor allem im Vordergrund, dass du alles für dich selbst, in deiner eigenen Erfahrung herausfindest.
Man beginnt die Yoga- oder Meditationspraxis nicht mit einem Glaubenssystem. Dies ist der Unterschied zwischen einer Religion und einer Wissenschaft. Eine Religion setzt zuerst den Glauben, dann die Praxis. Du bekennst deinen Glauben, und dann praktizierst du entsprechend deiner Religion. In einer Wissenschaft praktizierst du erst, und findest dadurch zu Überzeugungen.
Wenn du einen Lehrgang in physikalischer Chemie besuchst, beginnst du auch nicht mit der Erklärung, 'Ich glaube daran, dass Wasser H20 ist'. Du wirst vielmehr ohne Festlegung auf bestimmte Überzeugungen den experimentellen Anweisungen des Professors folgen und z.B. herausfinden, dass Wasser tatsächlich H20 ist. Dann kannst du es aufgrund eigener Erfahrung glauben.
Spiritualität
Für im Yoga weit fortgeschrittene Menschen ist Spiritualität der wichtigste Aspekt des Lebens. Mein persönliches Ziel in der Meditation ist nicht, Spannungen loszulassen oder in der Welt erfolgreich zu sein oder dergleichen. Was mir am Herzen liegt, liegt mir am Herzen, doch ich bin nicht hier, um jemand von etwas Bestimmtem zu überzeugen. Es geht vielmehr darum, Menschen auf ihrem Weg zu unterstützen, dem Weg, den sie für sich selbst gewählt haben.
Im Verlauf regelmäßiger Meditationspraxis, wenn an einem bestimmten Punkt in deiner Entwicklung deine Anspannungen abfallen, dein Körper völlig entspannt ist und du dir des Körpers so gut wie nicht mehr bewusst bist, findest allerdings in deiner Erfahrung zu einer völlig veränderten Auffassung deiner selbst, das Erleben, 'Ich bin ein vom Körper unabhängig existierendes Wesen'. Doch man muss das nicht glauben. Man nutzt die Praxis, übt und stärkt weiter seine Praxis, und vertieft so die derartigen Eindrücke des Geistes.
Eines Tages wirst du in deiner Meditation erleben, wie die gesamte physische Wirklichkeit, alle Grenzen deiner Persönlichkeit und des Universums für einen Moment abfallen. In einem Zustand völliger Ruhe berührst du den Saum der Unendlichkeit. Wenn das geschieht, dann kannst du für dich entscheiden, ob etwas jenseits des Körpers existiert oder nicht. Falls Gott für dich ein unpassendes Wort ist, nenne es den Faktor X.
Praxis
Yoga ist ein Praxissystem. Hier findest du Menschen der Wissenschaft, Psychologen und viele andere.
Jeder hat seine eigenen Gründe, sich für Meditation zu interessieren. Man wendet das Meditationssystem entsprechend seiner persönlichen Bedürfnisse an und geht soweit wie man gehen möchte. Anders ausgedrückt: es gibt keinen Konflikt. Meditation ist ein Geisteszustand frei von allen Konflikten.
Meditation
Was ist Meditation? Dies ist für Beginner auf diesem Weg, solange man es noch nicht erfahren hat, schwer zu definieren. Wie würdet ihr nach ein paar Tagen der Praxis Meditation definieren?
(Ein Student erwidert: 'Meditation ist die Fähigkeit, in sich selbst zu blicken.')
Siehst du, das ist deine Definition auf der Grundlage deiner Erfahrung. Der entscheidende Punkt ist, dass du nicht die Philosophie anderer übernimmst und sagst: 'Hier steht es geschrieben', oder 'Mein Lehrer hat es so gesagt'. Nein, du suchst die Erfahrung, und aus dieser Erfahrung heraus entwickelst du deine Philosophie und deine Terminologie, und definierst es dann.
Hat noch jemand aus eigener Erfahrung eine Antwort darauf, was Meditation ist?
(Ein Student meint: 'Reinigung des Geistes.')
Fein, all diese Definitionen sind hilfreich. Doch es geht um Erfahrung. Solange man Meditation nicht erfahren hat, wird man dich vielleicht fragen: 'Was verstehst du unter Reinigung des Geistes? Mit einem Staubsauger den Schädel ausputzen?'
Meditation ist ein Zustand des Geistes, in dem man völlige Ruhe und Stille erfährt. Nicht Leere des Geistes, sondern Stille, einen Frieden im Geist, in dem die widerstreitenden Gedanken ihren Widerstreit beenden. Dann fließt der Geist in einem singulären Strom der Bewusstheit, der Bewusstheit eines einzelnen, ununterbrochen fließenden Gedankens. All die verschiedenen Energien des Geistes bündeln sich in diesen einen Strom.